TY - GEN ID - OPUS207 A1 - Hering, Kristina T1 - Automatenkunst in Saint-Germain-en-Laye : Zur Herrscheridealisierung und Reflexion zeitgenössischer Weltmodelle im Garten König Heinrichs IV. N2 - Die vorliegende Arbeit entschlüsselt die umfangreiche Methodik und Symbolik der Inszenierung Heinrichs IV. von Frankreich, seiner Gemahlin Maria de' Medici und des Dauphins, dem späteren Ludwig XIII. in den Automatentheatern im Park des Château-Neuf in Saint-Germain-en-Laye bei Paris, die in der Darstellung als Automat gipfelt. Außerdem analysiert und bewertet sie die Auseinandersetzung mit bedeutenden Positionen politischer und philosophischer Weltanschauung als Mittel, die zentrale Bedeutung König Heinrichs IV. für die Herstellung und Wahrung der Staatsordnung herauszustellen. Die erste Hauptthese der Arbeit ist, dass ein zentrales Anliegen der Automaten-Installationen war, die königliche Familie zu idealisieren. Außerdem sollte das Königtum als gottgewollte Staatsform gerechtfertigt und der Staat Frankreich glorifiziert werden. Wie es für einen Herrscher der Frühen Neuzeit üblich war, forderte Heinrich IV. von der Kunst, dass sie seinen politischen Interessen und seiner Selbstdarstellung diente. Dies lässt sich auch auf den Gartenraum übertragen. Folglich ist davon auszugehen, dass die kostspieligen und wartungsintensiven Erfindungen nicht allein der Unterhaltung des vor allem adeligen und gebildeten Publikums dienten. Viel bedeutender war, dass sie eine politische Botschaft vermittelten. In dieser Arbeit wird erstmals eingehend berücksichtigt, dass sich der König und seine Familie in den Grotten als Automaten darstellen ließen. Dabei wurden der König und der Dauphin einerseits als historische Personen in das Automatentheater der Orpheus-Grotte integriert. Andererseits waren einige der Automaten, die als mythologische Götter gekennzeichnet waren, als Repräsentanten der königlichen Familie zu verstehen. Die besondere Notwendigkeit der Zurschaustellung königlicher Macht und der Demonstration der Legitimität der Amtsübernahme lag für den Erbauer Heinrich IV. darin begründet, dass er als Hugenotte lange Zeit von der Mehrzahl des Volks, das katholischen Glaubens war, nicht als Nachfolger anerkannt wurde und sich als rechtmäßiger König gegen die Interessen der katholischen Liga durchsetzen musste. Unter anderem mit Verweisen auf seine hohe Abstammung und der Einhaltung des Salischen Erbrechts wurde auf der Rechtmäßigkeit der Amtsübernahme beharrt. Die Herrscherinszenierung übersteigt jedoch diese defensive Haltung, indem sie Heinrichs politische Erfolge und Tugenden in den Fokus stellt: Er ist nicht nur ein rechtmäßiger, sondern vor allem ein fähiger König! Die zweite Hauptthese der vorliegenden Untersuchung ist, dass in den Automateninszenierungen zeitgenössisch rezipierte und weiterentwickelte Metaphern zur Mikro-Makrokosmos-Analogie verhandelt wurden, die eine Parallele zwischen göttlicher Schöpfung und menschlicher Lebenswelt herstellten. Die Inszenierungen veranschaulichten die Macht des Königs und seine herausgehobene Stellung auf der Grundlage seiner Dignität. Erstmals wird Saint-Germain als Ort der Auseinandersetzung mit zeitgenössisch relevanten philosophischen und politischen Themen herausgestellt, wobei sogar von einer Vorwegnahme bedeutender Weltbilder gesprochen werden kann. Die Arbeit zeigt, dass die Automatenszenen Saint-Germains, menschliche Arbeit thematisierten und als Verdeutlichungsmodelle für das Leben im Staat und als Appell an die Untertanen, sich dem Herrscher unterzuordnen, verstanden wurden. Darüber hinaus wird die Verbindung zwischen Bühnenspiel und Automateninszenierungen offengelegt, die die Anwendung der vielschichtigen Theatermetaphorik in Saint-Germain erlaubte. Nicht nur der Aufbau und die Funktion des Staates, sondern auch des ganzen Kosmos wurden in den Grotteninszenierungen thematisiert. Zur Veranschaulichung der Ordnung und der Bewegung des Kosmos wurden in der Frühen Neuzeit musizierende Automaten und Wasserorgeln eingesetzt, da man in ihnen eine Verbindung zur Sphärenharmonie sah. Musik wurde als Möglichkeit betrachtet, die Harmonie göttlicher Schöpfung zu Gehör zu bringen. Zudem wurde in Anlehnung an den Neoplatonismus davon ausgegangen, dass harmonische Musik die als Ideal gesetzte kosmische Ordnung auf den Körper und die Seele des Menschen übertragen kann. In der Arbeit wird belegt, dass in Saint-Germain-en-Laye nicht nur eine Auseinandersetzung mit der neoplatonischen Vorstellung von der Weltharmonie stattfand, sondern auch, dass Heinrich IV. die Automateninszenierungen dazu verwendete, die gesellschaftliche Ordnung im Königreich Frankreich herzustellen. N2 - The present work decodes the extensive methodology and symbolism of the representation of Henry IV of France, his wife Maria de' Medici and the Dauphin, later Louis XIII. in the automaton theatres in the park of the Château-Neuf in Saint-Germain-en-Laye near Paris, which culminates in the portrayal as an automaton. It also analyzes and evaluates the examination of important positions in political and philosophical worldview as a means to highlight the central importance of King Henry IV for the establishment and maintenance of the state order. The first major thesis of the work is that a central concern of the automaton installations was to idealize the royal family. In addition, kingship should be justified as a divinely-mandated form of government and the state of France should be glorified. As was customary for a ruler of the early modern period, Henry IV demanded that art serve its political interests and self-expression. This can also be transferred to the Park of the Château-Neuf. Consequently, it can be assumed that the costly and high-maintenance inventions were not used solely for the entertainment of the mainly noble and educated public. Much more important, they conveyed a political message. For the first time, this work takes full account of the fact that the king and his family were portrayed in the caves as automatons. The king and the Dauphin were integrated on the one hand as historical persons in the automaton theatre of the Orpheus grotto. On the other hand, some of the automatons marked as mythological gods were to be understood as representatives of the royal family. The special need for the display of royal power and the demonstration of the legitimacy of taking office was due to the builder Henry IV, who as a Huguenot was for a long time not recognized by the majority of the people, the Catholic faith. As successor and as legitimate King he had to prevail against the interests of the Catholic League. With references to its high descent and compliance with the Salian inheritance law, the legality of taking office was insisted. However, the staging of the rulers surpasses this defensive attitude by focusing on Henry's political achievements and virtues: he is not only a legitimate, but above all a capable king! The second main thesis of the present study is that in the automaton scenes contemporary metaphors were discussed and further developed for the micro-macrocosm analogy, which established a parallel between divine creation and the human lifeworld. The productions illustrated the king's power and his elevated position on the basis of his dignity. For the first time, Saint-Germain has been identified as a place of confrontation with contemporary relevant philosophical and political themes, even suggesting the anticipation of important worldviews. The work shows that Saint-Germain's automaton scenes dealt with human labor and were understood as models of clarity for life in the state and as an appeal to the subjects to submit to the ruler. In addition, the connection between stage play and automaton stagings is revealed, which allowed the application of the complex theatre metaphors in Saint-Germain. Not only the structure and the function of the state, but also of the whole cosmos were picked out as a central theme in the allegorisations of the grottos. To illustrate the order and the movement of the cosmos, automata and water organs were used in the Early Modern Age, as they were considered to have a connection to the sphere harmony. Music was seen as an opportunity to make the harmony of divine creation heard. In addition, following Neoplatonism, it was assumed that harmonic music can transmit the ideal cosmic order to the human body and soul. The work proves that Saint-Germain-en-Laye not only explored the neo-Platonic conception of the world harmony, but also that Henry IV used the automaton theatres to establish social order in the Kingdom of France. KW - Mechanisches Theater KW - Herrscherkult KW - Automatenkunst KW - Herrscherpräsentation KW - Landscape architecture KW - Gartenkunst KW - Welttheater KW - Heinrich IV., Frankreich, König KW - Neoplatonismus KW - Representation (iconography) Y1 - 2018 UR - http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:gbv:834-opus-2079 UR - http://141.41.10.64/frontdoor/index/index/docId/207 UR - https://opus.hbk-bs.de/frontdoor/index/index/docId/207 ER -